Benin Bronzen
Gedenkköpfe von obas
Gedenkköpfe verstorbener obas zeigen diese häufig mit hohen Kragen und Kronen aus Korallenperlen. Sie standen auf Altären, die jeder oba für seine Vorgänger aufstellen musste. Infolge des Einmarsches der Briten 1897 gingen Angaben dazu, welche Köpfe zu welchen Altären gehörten, verloren. Kleinere Köpfe mit weniger aufwendigen Kronen gelten als älter als größere Köpfe mit „geflügelten" Kronen. Holzköpfe schmückten Altäre für nichtkönigliche Personen.
1897 eroberten britische Truppen das Königreich Benin, plünderten den königlichen Palast und verbannten Oba Ovonramwen, den letzten unabhängigen König, ins Exil nach Calabar. Tausende Objekte wurden als Kriegsbeute nach London verschifft und dort veräußert. Weitere Hunderte der geplünderten Objekte blieben noch eine Zeit lang im kolonialen Nigeria. Durch Netzwerke von europäischen und afrikanischen Geschäftsleuten und Händlern gelangten dann auch viele dieser Werke in europäische und nordamerikanische Museen. Auch das Berliner Museum profitierte vom kolonialen System und seinen durch Gewalt erzwungenen „Erwerbungen". Viele der Objekte kamen durch die Vermittlung von Felix von Luschan, seinerzeit Kurator am Königlichen Museum für Volkerkunde, an dieses Haus. Heute gelten die „Benin-Bronzen" als Symbole kolonialen „Sammelns", und ihre Präsenz außerhalb von Nigeria wird weithin als Zeichen kolonialen Unrechts verstanden.
DIE ZUKUNFT DER BENIN BRONZEN
Die „Benin-Bronzen" nehmen eine besondere Stellung in der Debatte um die Dekolonisierung von Museen ein. Insbesondere ethnologische Museen und ihre Bestände sind wegen geraubter oder in kolonialen Kontexten erworbener Objekte in der Kritik. Gleichzeitig stehen aber auch die Veränderung von Museen mit ethnologischen „Sammlungen", ihre zukünftige Bedeutung und gesellschaftliche Relevanz zur Diskussion - etwa für die Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit oder für die transkulturelle Zusammenarbeit. Mit der Eröffnung im Humboldt Forum nimmt das Ethnologische Museum eine temporäre Neukonzeption und -aufstellung der Ausstellung vor. Als Diskurs- bzw. Übergangsraum geplant, zeigt sie einen Zwischenstand der aktuellen, dynamischen Entwicklungen: Sie vermittelt die „Sammlungs-" und Rezeptionsgeschichte der „Bronzen" zwischen Benin und Berlin und nimmt Bezug auf ihre Restitution. Die Ausstellung thematisiert die gezeigten historischen Objekte auch in ihrem Kunstcharakter und ihrer Bedeutung für eine globale Kunstgeschichte und in ihrer jeweiligen Materialität als Erinnerungsträger und rituelles Inventar. Von diesen Aspekten ausgehend stellt sich die Frage, wie ausgewählte Stücke zukünftig im Ethnologischen Museum als Leihgaben gezeigt werden können. Welche Funktionen und Bedeutungen haben die Benin-Objekte aus Sicht von Wissenschaftler*innen und Kurator*innen aus Nigeria? Die Ausstellung ist der Auftakt für die Zusammenarbeit mit nigerianischen Kooperationspartner*innen, mit denen sie nach und nach weiter ausgestaltet werden soll.
EIGENTUMSÜBERTRAG UND AUFTAKT DES RESTITUTIONSPROZESSES
Ende Juni 2022 hat der Stiftungsrat der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) unter Vorsitz von Staatsministerin für Kultur und Medien Claudia Roth einstimmig beschlossen, dass mit den zuständigen Stellen in Nigeria im zweiten Halbjahr 2022 eine Vereinbarung über eine Eigentumsübertragung der Objekte aus dem Ethnologischen Museum und über Leihgaben geschlossen werden soll. Als Auftakt für den Rückgabeprozess und stellvertretend für alle deutschen Museen mit Benin-„Sammlungen" wurden am 01. Juli 2022 zwei Objekte aus der „Sammlung" des Ethnologischen Museums Berlin an Nigeria übergeben: ein Gedenkkopf eines Königs und eine Reliefplatte mit einem König und vier Begleitern. Im August 2022 wurde ein Vertrag zwischen der National Commission for Museums und Monuments und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz unter-zeichnet, mit dem die Eigentumsrechte an den Benin-Objekten an Nigeria (National Commission for Museums and Monuments) übergegangen sind.