Traiphum

Königliche Prachthandschrift (Drei Welten)

1767 zerstörte eine birmanische Invasion die thailändische Königsstadt Ayutthaya. Ein überlebender General namens Taksin wurde neuer König der Thais. Zur Bekräftigung seiner Königsmacht gab König Taksin Prachtmanuskripte mit der Darstellung des dreistufigen buddhistischen Kosmos in Auftrag: das Buch von den „Drei Welten".

 

Thailand, Bangkok

1776

Deckfarben und Gold auf Papier, Buchdeckel: Holz

gekauft 1894 von H. Gerini 1894

II 650

Acht Szenen aus dem Leben des Buddha

Im Traiphum-Manuskript finden sich acht Szenen aus dem Leben des Buddha. Dieses Thema ist sonst eher Teil von Wandmalereien in Tempeln und schmückte selten Manuskriptseiten. Eine Besonderheit in dieser Handschrift ist, dass der Buddha in Szenen, in denen er noch in ein weltliches Leben eingebunden ist (Szene 1 und Szene 2), in menschlicher Gestalt erscheint. In allen anderen Szenen, in denen er sich schon auf seinem spirituellen Weg befindet, ist er nur noch durch ein Symbol im Bild vertreten.


DIE DREI WELTEN

EINE BUDDHISTISCHE VISION KOSMISCHER ORDNUNG

Nach alter buddhistischer Vorstellung besteht der Kosmos aus drei Welten (trai-bhumi): Unten ist die Welt sinnlichen Begehrens (kama-bhumi) mit Höllen, Unterwelten, der Menschenwelt und unteren Himmeln. Darüber liegt mit weiteren Himmeln die Welt der Form (rupa-bhumi). Oben in der Welt des Formlosen (arupa-bhumi) ist jedes Begehren ausgelöscht: Die Erlösung ist nahe. Gute oder schlechte Taten entscheiden darüber, wo man wiedergeboren wird.

1) Die wundersame Geburt des Buddha

Der Buddha kommt unter freiem Himmel zur Welt.

Seine Mutter, Königin Maya, gebiert ihn im Stehen und greift dabei in die Zweige eines Baumes (Bildmitte). Geburtshelferinnen stützen sie. Von oben eilen vier Götter herbei, darunter Indra (grünhäutig, rechts) und Brahma (vierköpfig, links). Sie begrüßen das Neugeborene mit Ehrfurcht. Gott Brahma balanciert das Baby auf einer Hand und beschirmt es mit einem bunten Ehrenschirm. Das Neugeborene ist wie eine kleine goldene Statue dargestellt.

2) Vier schicksalhafte Begegnungen

Der Buddha ist Erstgeborener einer königlichen Familie und soll eigentlich später einmal König werden. Doch auf prunkvollen Ausfahrten in den königlichen Lustgarten begegnet ihm erst ein Kranker, dann ein Alter, schließlich sieht er zum ersten Mal einen Toten (links oben). Erschüttert erkennt er, dass auch sein Dasein als Prinz ihn nicht vor Krankheit, Alter und Tod schützen wird. In dieser Krise sieht er einen in sich ruhenden Mönch. Der Buddha beschließt, statt König lieber Mönch zu werden.

3) Das Gleichnis von den drei Saiten

Die ersten Jahre übt sich der Buddha in extremer Askese. Er fastet, bis er fast stirbt. Da spielt Gott Indra (grünhäutig) für den im Sterben Liegenden (symbolisiert durch drei goldene Räder auf einem Bett) auf einer Laute, die nur drei Saiten hat. Texte erzählen: Die erste Saite ist zu angespannt, sie reißt. Die zweite ist zu lose, sie erzeugt keinen klaren Ton. Der dritten, mittel angespannten Saite aber entlockt Indra herrliche Musik. Der Buddha versteht: Der Mittelweg ist richtig. Er beendet das Fasten.


4) Dorfbewohnerin Sujata bringt dem Buddha Reisbrei

Der Buddha (symbolisiert durch einen Lotos mit goldenem Flammenaufsatz auf einem Fels links) hat sich unter einem Baum zur Meditation niedergelassen. Eine Dorfbewohnerin, die einen Fruchtbarkeitsgeist in diesem Baum vermutet und diesen täglich mit Gaben verehrt, bringt eine Reisspeise. Als sie den Buddha mit seiner schönen Ausstrahlung dort sitzen sieht, glaubt sie, der Fruchtbarkeitsgeist sei ihr erschienen. So erhält der Buddha die Reisspeise und kann wieder zu Kräften kommen.

5) Ein Elefant und ein Affe ehren den Buddha

Erschöpft vom Streit in der Mönchsgemeinde von Kaushambi zieht sich der Buddha (symbolisiert durch den weißen Lotos mit goldener Flammen-krone für drei Monate in die Einsamkeit des Palileyya-Waldes zurück. Dort dient ihm ein Elefant und bringt ihm mit seinem Rüssel in einem goldenen Fläschchen Wasser dar. Auch ein Affe will den Buddha ehren. Er spendet ihm Honig - die Honigwabe hängt noch an einem Zweig, den der Affe mit seinen Pfoten hoch über seinen Kopf hält.


6) Die Reisschale des Buddha schwimmt flussaufwarts

Nachdem der Buddha die Reisspende gegessen hat, geht er an einem nahen Fluss spazieren (der Buddha ist rechts symbolisiert durch den roten Lotos mit goldener Flammenkrone) und spricht: „Zum Zeichen, dass ich Erleuchtung erlangen werde, soll diese Reisschale flussaufwärts schwimmen." So geschieht es. Dann sinkt die goldene Schale hinab in den unterirdischen Palast eines Schlangenkönigs (Links unten) und vereinigt sich dort sichtbar mit den Schalen dreier früherer Buddhas.

7) Der Buddha predigt seiner Mutter im Himmel

Die Mutter des Buddha starb kurz nach dessen Geburt und wurde im Tushita-Himmel wiedergeboren. Nach der Erleuchtung steigt der Buddha für drei Monate in Indras Himmel auf und lehrt dort buddhistische Philosophie. Während seiner Predigt sitzt der Buddha (in der Mitte des Bildes symbolisiert durch eine goldene Flamme) auf dem Thron des Götterkönigs Indra. Indra selbst (grünhäutig) sitzt im Publikum. Rechts lauschen die Mutter des Buddha und weitere Frauen der Predigt.

8) Der Buddha besiegt die Truppe des Versuchers Mara

Kurz vor der Erleuchtung des Buddha (goldene Flamme oben) stürmen die Truppen des Mara, des Herrn der (verhängnisvollen) Impulse, auf den Meditierenden ein. Sie verkörpern Aggression und Leidenschaft. Doch der Buddha ist durch viele gute Taten in vergangenen Leben „immun" geworden. Als Zeugin für seine guten Taten tritt die Erdgöttin auf. Sie wringt ihren nassen Zopf aus und schwemmt mit dem austretenden Wasser die wilden Truppen des Mara davon.